Art des Artikels
Unternehmen im Porträt
Autor
Leonie

Naturstoffküche

Einblick in die Gründung eines Start-Ups
Zusammenfassung

Moritz und Michael von Naturstoffküche brauen Getränke mit pflanzlichen Wirkstoffen, gesüßt mit Erythrit. Was sie anders machen wollen als Cola und Co. und woher ihre Leidenschaft kommt.

Haupt-Inhaltsfeld

Die Naturstoffküche ist ein Freiburger Startup, bestehend aus Michael Prappacher und Moritz Benka. Die beiden produzieren Getränke aus „gesunden Naturstoffen“, wie sie es nennen, und süßen diese mit Erythrit. Sie wollen eine Alternative schaffen zu zuckerhaltigen Softgetränken, bei der Naturstoffe als Wirkmolekül für den Menschen im Vordergrund stehen. 

 

Name:

Naturstoffküche

Gründer:

Michael Prappacher, 29 Jahre, Sozialwissenschaftler

Moritz Benka, 31 Jahre, Chemiker

Location:

Hildastraße 60, Wiehre

- online Shop

- Abholung in der Wiehre möglich

- außerdem bei Beb & Bene, auf dem Wiehremarkt bei GemüseMax, in Omas Markthalle Kirchzarten, im Gasthaus Birke Kirchzarten, Rösterei Schwarzwild, Sonnengereift, bei Scheinpflugeis, Cafésita, Gasthaus Rössle und in Martinas Marktschiirä.

Was ist die Naturstoffküche?

Die Naturstoffküche stellt Getränke aus Bio-Zutaten her, deren Inhaltsstoffe eine physiologische Wirkung haben, z.B. Ingwer der "eine antioxidative, anti-entzündliche und neuroprotektive Wirkung" hat.

 

Moritz, der Chemiker und Entwickler. Er liebt es mit Naturstoffen und deren chemischer Zusammensetzung  zu experimentieren. Für verschiedene Anlässe braut er verschiedene Tees und Getränke. Moritz weiß genau, was er wie dosieren kann, damit es schmeckt. Und er weiß, welche Zutaten aus der Pflanzenwelt eine wissenschaftlich nachgewiesene Wirkung entfalten und welche nicht.

Moritz hat dem Zucker den Kampf angesagt. Er findet: „Es gibt so viel Scheiße auf dem Markt“. Er ist sehr unzufrieden damit, dass viele Produkte nur verkauft werden, um möglichst schnell viel Geld zu machen. Mit der Naturstoffküche will er es anders machen. Es gehe nicht darum, reich zu werden, sondern den Menschen ein gutes Produkt in guter Qualität zu liefern.

Moritz bei der Getränkeherstellung

Michael liebt es Dinge auszuprobieren und Neues zu lernen. Er ist auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen. Vor drei Jahren hat er eine Streuobstwiese gepflanzt, deren erster Ertrag in ein paar Jahren auch für die Naturstoffküche verwendet werden soll. Michael findet, der Prozess vom Wachstum einer Pflanze bis zur Ernte geht in der schnelllebigen Welt verloren. Das würde er sich gern mit der Naturstoffküche wieder zurück holen.

Wenn Michael von etwas überzeugt ist, legt er einfach mal los, vorangetrieben von seiner Neugierde. Vor der Unternehmensgründung war er viel unterwegs auf Reisen. Jetzt ist die Naturstoffküche seine neue Reise. „Für mich ist das Unternehmertum wie ein Kreislauf. Ich bekomme immer wieder neue Ansatzpunkte, aus denen ich meine Ideen und meine Energie schöpfe.“

Michael (li.) und Moritz, die beiden Gründer von Naturstoffküche

Wie „Anti-Zucker“ sind Moritz und Michael?

Michael: „Moritz ist da strenger als ich. Er trägt auch T-Shirts mit zuckerkritischen Botschaften. Ich selbst reduziere meinen Zuckerkonsum. Für mich ist wichtig, die Menge an Zucker, die ich esse, selbst dosieren zu können. Mit unseren Produkten wollen wir zeigen: Es geht auch anders. Man kann süße und leckere Produkte konsumieren, ohne dass sie Zucker enthalten.“

Was an dem Produkt ist nachhaltig?

Alle Zutaten, die die Naturstoffküche verwendet sind aus ökologischer Landwirtschaft, abgesehen vom Erythrit. Nächstes Jahr soll eine Biozertifizierung angestrebt werden. Dafür wird dann auch das Erythrit in Bioqualität bezogen. Michael rechnet vor: „25 kg Bio-Erythrit kosten 180 Euro. Biozucker würde 25 Euro kosten. Wir zahlen also das 7-8 fache, um keinen herkömmlichen Zucker zu verwenden.“ Die Kosten nehmen die beiden in Kauf. Es sei schließlich Teil der Philosophie auf herkömmlichen Zucker zu verzichten.

Naturstoffküche kooperiert mit regionalen Bio-Händlern, um kurze Wege und eine gute Qualität zu garantieren. Die Getränke von Naturstoffküche sind naturbelassen, ungefiltert, vegan und werden in Mehrwegflaschen abgefüllt (außer die Sirups und Shots, aber das soll sich ändern).

HINTERGRUND-INFO

Erythrit – Der Zuckerersatz

Erythrit ist ein Zuckeraustauschsstoff, der zu den sogenannten Zuckeralkoholen gehört wie Xylith oder Sorbit. Zuckeralkohole sind kalorienärmer als Zucker und haben quasi keinen Einfluss auf den Blutzuckerspiegel. Außerdem sind sie zahnfreundlich. Der Vorteil von Erythrit zu anderen Zuckeralkoholen ist, dass es weniger abführend wirkt.

Aber ist das wirklich gesund?

In der Natur kommt Erythrit nur in sehr geringen Mengen vor. Zur Herstellung von Erythrit wird Mais vergoren. „Erythrit kann sehr effizient gewonnen werden und der Herstellungsprozess ist auf biochemischer Ebene relativ simpel.“ sagt Michael. Ob Erythrit tatsächlich gesund ist, bleibt unklar. Es gibt dazu bisher wenig Forschung (NDR) und das Bundeszentrum für Ernährung zieht das Fazit, es sei „besser die eigenen Ernährungsgewohnheiten insgesamt zu überdenken und generell möglichst wenig zu süßen.“ Die Verbraucherzentrale kommt zu einem ähnlichen Schluss und sagt außerdem: "Normalen Zucker in Maßen durch Zuckeralkohole zu ersetzen, kann für Menschen mit Gewichtsproblemen oder Diabetiker durchaus in Frage kommen. Erythrit und Xylit sind jedoch 10- bis 40-mal so teuer wie die hinsichtlich der Süßkraft vergleichbare Menge Haushaltszucker. In jedem Fall handelt es sich nicht um "natürliche" Alternativen zu Haushaltszucker."

 

Was ist die Vision?

Michael: “Die Vision ist, dass die Menschen sich darüber klar werden, dass viele Lebensmittel mehr sind als bloße Energielieferanten, sie weitere und hochinteressante Naturstoffe enthalten können und diese sich besonders zur Vorsorge gegen allerlei Gebrechen eignen. Wir wollen ein Produkt erschaffen, von dessen Inhaltsstoffen wir überzeugt sind und das den Menschen etwas Gutes tut.

Wir wollen ein Produkt erschaffen, von dessen Inhaltsstoffen wir überzeugt sind und das den Menschen etwas Gutes tut. 

Wir produzieren momentan in einer gemieteten Küche immer sonntags. Das machen wir jetzt so lange bis wir einen gewissen Absatz haben. Unser Ziel ist es organisch zu wachsen und nächstes Jahr in einer neuen Location mit eigener Abfüllanlage und einigen MitarbeiterInnen zu produzieren. Außerdem wollen wir in Zukunft einen eigenen Kreislauf schaffen, indem wir unseren eigenen Ingwer hier vor Ort anbauen, eine eigene Verarbeitung und einen eigenen Vertrieb haben." 

 

HINTERGRUND-INFO

Ingwer lokal produzieren, geht das?

Ja es geht, allerdings ist es etwas aufwendig (Beitrag im Deutschlandfunk). Der deutsche Ingwer ist teurer als Ingwer aus dem Ausland und nicht so lange haltbar. Es gibt bereits Betriebe, die Ingwer im Gewächshaus anbauen, zum Beispiel in Franken.

Michael erzählt, dass auch der Lindenbrunnenhof am Kaiserstuhl dieses Jahr zum ersten mal eigenen Ingwer anbaut. Das könnte eine super Kooperationspartner für die Naturstoffküche werden.


 

Und noch 3 Fragen an Michael...

Michael, was hast du in der ersten Zeit der Unternehmensgründung gelernt?

Michael: "Das war alles „Learning by Doing“. Da weder Moritz noch ich einen ökonomischen Hintergrund haben, eignen wir uns viel selbst an. Wir haben mittlerweile ein wachsendes Netzwerk von Bekannten, Freunden und Familie, die uns unterstützen.

Außerdem ist Freiburg das perfekte Biotop für ein Lebensmittel-Startup. Mit anderen Unternehmen, mit denen wir zusammenarbeiten, haben wir gute Erfahrung gesammelt. Es herrscht eine große Unterstützungsbereitschaft. Ich habe das Gefühl, es gibt hier in Freiburg besonders viel Bereitschaft sich auszutauschen und zu unterstützen. Ich habe noch nie Reaktionen beobachtet nach dem Motto „Du gräbst mir jetzt meine Kunden ab.“

Austauschen und Neues lernen ist toll. Die größte Herausforderung für mich ist es, mal abzuschalten. Egal welche Uhrzeit, welcher Tag, man kann ständig beschäftigt sein.

Außerdem habe ich viel über Bürokratie gelernt. Alles dauert länger als geplant. Ich musste lernen geduldig zu sein und solchen Prozessen viel Vorlauf zu geben. Und natürlich geht immer mal was schief."

Gibt es was, das du dir aus unternehmerischer Sicht von Freiburg noch wünschst?

"Es gibt Förderprogramme auch für Gründende aus Freiburg, aber da hätte ich mir den Zugang etwas leichter gewünscht. Wir haben am Anfang viel überlegt und haben uns dann gegen eine Bewerbung für ein Förderprogramm entschieden, weil das sehr aufwendig gewesen wäre. Wir wollten aber direkt loslegen und haben damit auch in Kauf genommen erst einmal kein festes Gehalt aus unserem Startup zu bekommen."

Wenn du in 10 Jahren in Freiburg aus der Haustür trittst, was hat sich zum Positiven verändert?

"Es gibt keine Schwarzwaldstraße mehr. Freiburg ist grün, modern, fahrradfreundlich, autofrei. Die Menschen in Freiburg haben einen ausgeprägten Sinn für Gesundheit und gesellschaftliches Miteinander. Die Stadt ist offen für den neuen Zeitgeist junger Menschen, sodass die Stadt noch lebenswerter ist als heute schon."

 

 

Fotos: Naturstoffküche

Zuletzt geändert
06.12.23, 23:57