Art des Artikels
Bericht
Autor
Leonie

Verkehrswende – ökologisch und sozial?

4netzen im Oktober
Zusammenfassung

Wie schaffen wir eine gute Zusammenarbeit zwischen Gewerkschaften und Umweltbewegungen? Wie sieht gelingende Kooperation aus und welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang Netzwerkarbeit? Das diskutierten die Teilnehmenden des 4netzen gemeinsam mit der Referentin Greta Waltenberg.

Haupt-Inhaltsfeld

Menschen vernetzen, Bündnisse schmieden, Austausch zu aktuellen Wandel- und Engagementthemen – Das ist das 4netzen, das regelmäßig von mehreren Freiburger Organisationen (derzeit sind das Haus des Engagements, Treffpunkt Freiburg, Eine Welt Forum Freiburg, StadtWandler und FAIRburg) veranstaltet wird. Seit diesem Jahr wandert das 4netzen an verschiedene Orte der Stadt.

Um mehr zu erreichen, macht es für bestimmte Projekte, Kampagnen oder auch als längerfristige Kooperation Sinn, sich als Netzwerk zusammen zu tun. Damit können Energien gebündelt werden und Ziele erreicht werden, die alleine nicht schaffbar wären.

Am Beispiel des Themas „Verkehrswende – ökologisch und sozial?“ diskutierten die Teilnehmenden des 4netzen im Oktober im Pavillon für Alle, wie Umwelt- und Gewerkschaftsbewegungen bereits an einem Strang ziehen oder noch mehr zusammenarbeiten können.

Greta Waltenberg sorgte für einen interaktiven Input. Sie ist sowohl bei Fridays for Future Freiburg als auch im bzw. für den DGB aktiv und berichtete von ihren Erfahrungen an dieser Schnittstelle. Besonders eindrücklich für die Zusammenarbeit von Klimabewegung und Gewerkschaften war das angeführte Beispiel der Wir fahren zusammen!“-Kampagne, bei der sich Fridays for Future und ver.di gemeinsam für eine Verbesserung des Nahverkehrs einsetzen.

 

4netzen im Oktober

Am 4.10.23 um 19 Uhr im Pavillon für Alle

Anzahl Teilnehmende: 11

darunter die Referentin Greta Waltenberg

Moderation: Anne Schirmer

Ablauf:

  • Begrüßung

  • Impuls

  • Warum?

  • Wie?

  • Woran hakt es?

  • Fragen & Diskussion

  • offener Austausch bei Snacks und Getränken

Der folgende Artikel enthält Kurzzusammenfassungen der Vortragenden sowie der Aussagen von Teilnehmenden, bei denen einzelne Inhalte des Gesagten zugunsten der Prägnanz weggelassen wurden. Wir bitten um Hinweise, falls es dadurch zu Fehlinterpretationen kommt. Die dargestellten Meinungen müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen außer sie sind als solche gekennzeichnet.

 

Impuls Umweltbewegung und Gewerkschaftsbewegung gemeinsam

Greta Waltenberg lud dazu ein, sich dem Thema des heutigen Abends gemeinsam über Fragen anzunähern.

Einige Antworten von Teilnehmenden und Referentin werden im folgenden zusammengefasst.

 

Warum wollen wir als Umwelt- und Gewerkschaftsbewegung zusammenarbeiten?

  • Die Gewerkschaft ist ein Machtfaktor und durch betriebliche Mitbestimmung kann sie die Produktion beeinflussen.
  • Wir stehen an einer Schwelle, an der wir die Klimabewegung verbreitern müssen. Die Umweltbewegung ist zu stark unter sich. Es braucht starke Partner, die auch Kenntnisse in der Umsetzung haben. Wenn wir eine Transformation in den Betrieben wollen, dann brauchen wir Leute, die wissen, wie die Machtverhältnisse in den Betrieben sind und wie wir etwas bewegen können.
  • Der vergangene Widerstand gegen das Atomkraftwerk Wyhl war erfolgreich, weil verschiedene Leute zusammengearbeitet haben. Heute haben die verschiedenen gesellschaftlichen Milieus noch weniger Kontakt miteinander. Dennoch ist die Zusammenarbeit dringender denn je, da wir nur noch wenig Zeit haben.
  • Die Gewerkschaften sollten Teil der Klimabewegung werden. Denn dann können sie sicher gehen, dass der Umbau der Gesellschaft genutzt wird, um auch andere (soziale) Reformen zu gestalten.
  • Gewerkschaften und Klimabewegung sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden, denn sie haben gemeinsam mehr Schlagkraft.
  • Im Nahverkehr stehen Tarifverhandlungen an. Da kann die Gewerkschaft ihre ökonomische Macht nutzen und neben Beschäftigungsverhältnissen auch Verbesserungen der Infrastruktur fordern.
  • Hinweis: Im März gab es einen ver.di Streik im Nahverkehr, der auf den Tag des Klimastreik gelegt wurde. In diesem Zusammenhang gab es einen Aufschrei in Medien und Politik, dass der Streik ein politischer sei und kein Warnstreik.
  • Die Gewerkschaften sollten auch bei alternativen Energien mit eingebunden werden. Sie sollten von Anfang an Zugang zu den Firmen haben, die die Energiewende bewerkstelligen.

Wie kann das funktionieren?

  • Klimabewegung und Gewerkschaften könnten gemeinsam daran arbeiten, die Automobilindustrie zu konvertieren.
  • Die Klimabewegung kann eine Rolle als Innovationsfaktor und Ideengeber für die Verkehrswende einnehmen.
  • Die Automobilindustrie hat eine Schlüsselrolle für die Verkehrsgestaltung eines Landes - ökonomisch, ökologisch und strategisch. Ein Beispiel: In der Schweiz gibt es keine Automobilindustrie und dort ist der öffentliche Nahverkehr viel besser.
  • Konversion (also die Umnutzung der Autowerke für andere Zwecke) muss ein Thema sein. Letztens wurde eine Freiburger Straßenbahn zur Reparatur nach Spanien gebracht. Das ist absurd. Die Autoindustrie will bisher nicht in andere Bereiche investieren.
  • Ein Beispiel wie es funktionieren kann, ist das Projekt von Klimaaktivistis „Verkehrswendestadt Wolfsburg“. Dort finden kreative Aktionen statt. Unter anderem haben Aktivistis einen mit Autos beladenen Zug blockiert, der aus dem VW-Werk in Wolfsburg ausgefahren ist. Auf dem Zug haben sie ein Banner drappiert, auf dem eine Straßenbahn abgebildet war. In der Presse wurde die Aktion betitelt mit „Die erste Straßenbahn verlässt das VW-Werk in Wolfsburg“. Aktuell sind die Aktivistis dabei, sich mit den Beschäftigten zu vernetzen. Gemeinsam mit diesen führen sie eine Kampagne mit Flyer „Stellenabbau bei VW stoppen!“ durch und wollen bewirken, dass das Werk umgebaut wird, um Trams und Busse statt Autos zu produzieren.
  • Ein weiteres Beispiel ist das Werk eines Automobilzulieferers in Italien bei Florenz. Dort wurden im Jahr 2021 alle Mitarbeitenden gekündigt. Die Belegschaft hat daraufhin eine dauerhafte Betriebsverhandlung einberufen und faktisch den Betrieb besetzt. Sie kooperieren mit Fridays For Future Italien und der Universität in Pisa. Sie wollen die sozial-ökologische Wende herbeibringen und E-Cargo-Bikes herstellen. Dazu haben sie eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, bei der sie Genossenschaftsanteile sammeln.
  • Konversion benötigt viel Geld. Wer finanziert das? Wir müssen Ideen entwickeln (Anschubfinanzierung des Staates?).
  • Beispiel: Die Uhrenindustrie im Jura sollte geschlossen werden. Die Arbeitnehmer haben den Betrieb übernommen und eine Zeit lang weitergeführt, aber keine Transformation vorgenommen. Dadurch ist das Geschäft ausgelaufen.
  • Die Logik des „Weiter wie bisher“ funktioniert nicht. Wir müssen mit den letzten Ressourcen planmäßig umgehen. Die Zusammenarbeit von Gewerkschaften und Fridays for Future sollte darauf abzielen, weniger zu produzieren. Drei Stunden Arbeitszeit reichen aus, um das herzustellen, was wir brauchen.
  • Beispiel: Beim United for Future Camp – im DGB Jugendcamp am Bodensee – hat ein gegenseitiges Kennenlernen von Gewerkschaften und Klimabewegung stattgefunden. Das ist noch nicht die Lösung, aber ein Schritt in die richtige Richtung.
  • Beispiel: Fridays for Future und ver.di führen gemeinsam die bundesweite „Wir fahren zusammen“, mit der sie sich für bessere Arbeitsbedingungen im Nahverkehr, mehr Personal und eine Verdopplung des Nahverkehrs einsetzen. In Freiburg steht die Kampagne noch am Anfang. Bereits jetzt konnten dafür neue Leute mobilisiert werden (die vorher nicht in Gewerkschaft oder in Klimabewegung engagiert waren). Im März wird es einen ersten gemeinsamen Streik geben.

Woran hakt es? Wo sind Probleme?

  • Es besteht gegenseitige Skepsis und ein Mangel an Wissen.
  • Wenn Aktivistis von Fridays For Future in einen Betrieb gehen, herrschen manchmal Vorurteile und Widerstände („Ihr wollt ja, dass alle vegan werden und klebt euch auf die Straße.“). Da muss zum Teil viel Arbeit zur Annäherung gemacht werden.
  • Es ist ein Vertrauensaufbau notwendig.
  • An manchen Stellen sind scheinbar oder vorerst widerstrebende Interessen zwischen Gewerkschaften und Umweltbewegung (z.B. Braunkohleabbau). Deshalb ist es gut, mit etwas anfangen, bei dem mehr Einigkeit herrscht wie der Nahverkehr.
  • Es gibt gute Projekte und einzelne Kampagnen. Gibt es eine Diskussion zwischen Klima- und Gewerkschaftsbewegung, das noch stärker strategisch anzugehen? Zum Beispiel über eine gemeinsam Liste an Forderungen? → In der Größe gibt es das nicht, aber in der Größe gibt es die Gewerkschaftsbewegung auch nicht. Gleichzeitig ist die „Wir fahren zusammen!“-Kampagne von ver.di und Fridays auch ein Strategieprozess.

Was sind die nächsten Schritte?

Greta Waltenberg lädt ein bei der Wir fahren zusammen!“-Kampagne mitzumachen.

Am Mittwoch 11.10.23 kann die DGB-Transformationskonferenz online verfolgt werden.

Am Donnerstag 12.10.23 findet die Veranstaltung "Eine Verkehrswende - wie kann sie gelingen?" mit Stephan Krull im DGB-Haus statt.

Anregung: Bei einem zukünftigen 4netzen soll die „Wir fahren zusammen!“- Kampagne erneut thematisiert werden.

 

Mehr 4netzen

„Mehr als Einkaufen und Schlafen: Quartiere gemeinsam lebendig machen.“ darum gehts beim nächsten 4netzen am 4. Dezember in der [p3]-Werkstatt.

Menschen vernetzen, Bündnisse schmieden, Austausch zu aktuellen Wandel- und Engagementthemen – Das ist das 4netzen, das regelmäßig von mehreren Freiburger Organisationen (derzeit sind das Haus des Engagements, Treffpunkt Freiburg, Eine Welt Forum Freiburg, StadtWandler und FAIRburg) veranstaltet wird.

Das Programm für 2024 findest du Ende des Jahres hier im StadtWandler-Kalender.

 

Zuletzt geändert
06.12.23, 23:57